HUSNER-Projektleiter Hans Emmenegger im Interview mit "Wir Holzbauer"

Lysbüchel Areal in Basel: Bauen mit gebrauchten Materialien

Vor rund einem Jahr reihten sich in der Werkhalle von HUSNER gebrauchte Fenster in allen möglichen Grössen und Variationen aneinander und eine beachtliche Menge Altholz stapelte aufeinander. Für die neue Gebäudefassade des Gewerbe- und Kulturhauses auf dem Lysbüchelareal in Basel ist HUSNER in den vergangenen Monaten ungewohnte Schritte gegangen. Eingesetzt wurde ein Mix aus wiederverwendeten und neuen Baustoffen.  

Im folgenden Interview berichtet unser Projektleiter Hans Emmenegger in der neuesten Ausgabe des Verbandsmagazins von Holzbau Schweiz «Wir Holzbauer» von der Herausforderung im Umgang mit recyceltem Baumaterial, dessen eingeschränkter Wirtschaftlichkeit aber auch über die Problematik langer Transportwege neuer Materialien. Als erfahrener Holzbaumeister ist er es sich gewohnt, vorausschauend zu planen und koordinieren. Auf dem Lysbüchelareal war jedoch alles etwas anders – lesen Sie selbst von seinen Freuden und Herausforderungen während der 18monatigen Bauphase.

Material zu entsorgen ist leider oft günstiger, als es wiederzuverwenden

Projektleiter Hans Emmenegger von der HUSNER AG Holzbau war beim Bau der Gebäudehülle dafür zuständig, dass der Holzbau glückt. Keine leichte Aufgabe, bei der zudem viel Spontaneität und Überzeugungskraft gefragt waren. Der Holzbau-Meister erzählt von den grössten Herausforderungen und wie sich seine Sicht auf die Baubranche nachhaltig verändert hat.

Warum haben Sie bei dem Projekt mitgemacht?
Wir als Holzbauer schreiben uns eine nachhaltige Bauweise auf die Fahne. Bauen mit einem CO2-neutralen Baustoff ist als schlagkräftiges Argument im Holzbau tief verankert. Das Projekt in Basel geht noch viel weiter. Wir verfolgen und unterstützen innovative Projekte und schrecken vor Herausforderungen nicht zurück. Ausserdem braucht ein Betrieb in unserer Grösse Aufträge in der Stadt. Basel liegt innerhalb unseres üblichen Aktionsradius. Wir haben an der öffentlichen Ausschreibung teilgenommen. Schlussendlich erbrachte die Summe der Beurteilungskriterien den Zuschlag.

Die Beschaffung und die Planung stellten sich als sehr aufwendig dar. Wie beurteilen Sie die Wirtschaftlichkeit eines solchen Projekts?
Unter dem Vorwand der Wirtschaftlichkeit werden verschiedene, für mich unverständliche Taten begangen. Bauholz zum Beispiel wird über weite Distanzen transportiert, obwohl es bei uns vor der Haustüre wächst. Wir verschwenden Ressourcen ohne Ende, weil die globale Wirtschaft dieses Verhalten fördert. De facto leben und konsumieren wir in der Schweiz auf Kosten anderer. Unter diesen Aspekten betrachtet verliert die Wirtschaftlichkeit einen Grossteil des Stellenwerts. Stattdessen gewinnen soziale und umweltschonende Aspekte. Doch zurück zur Ihrer Frage: In den meisten Fällen ist wiederverwendetes Material teurer als neues Material, da viel Arbeit hinter der Instandstellung steckt.

Zuerst musste das Material beschafft werden, dann startete die Detailplanung. Für Ihre Arbeit waren vor allem die Fenstermasse wichtig, um die entsprechenden Aussparungen im Holzrahmenbau planen zu können. Wie haben Sie diese ermittelt?
Die Fenstermasse hat Architekten Oliver Seidel geliefert. Mir standen allerdings nur die Aussenmasse der Rahmen zur Verfügung. Das genügte lediglich, um die Wechsel und Füllhölzer der Elemente zu planen. Folglich haben wir Details entwickeln müssen, die spontan auf die unterschiedlichen Rahmenbreiten angepasst werden konnten.

40 Prozent Holz aus Abbruch, 60 Prozent neues Holz: Warum ist die Recyclingquote nicht höher?
Wir haben verschiedene Abbruchobjekte begutachtet. Darunter gab es nur wenige, welche die Kriterien für die Wiederverwendung erfüllten. Wichtig war uns, möglichst grosse und gleiche Holzquerschnitte zu gewinnen. Asbestbelastete Objekte kamen nicht infrage. Effektiv konnten wir dann von zwei Rückbauten das Holz nutzen. Bei einem weiteren, sehr interessanten Objekt sagte die Abbruchunternehmung aus Zeitgründen leider ab. Danach mussten wir zeitnah das Schweizer Holz bestellen, bevor es auch dafür zu spät gewesen wäre.

Worin lag die grösste Herausforderung für den Holzbau?
Die Verwendung von gebrauchtem Material war für alle Beteiligten neu. Handwerker sind es gewohnt, unversehrtes Material zu verwenden. Das Projekt stiess immer wieder auf Widerstand und verursachte immer wieder Erklärungsbedarf. Von einigen wurde es augenzwinkernd als «Güsel-Baustelle » betitelt – das war aber nicht abschätzig gemeint. Heute sehen unsere Zimmerleute das Ganze positiv, denn das Resultat wird von allen als sehr gelungen bewertet.

Bauen mit gebrauchtem Material wirft auch die Frage auf, ob heutige Normen und Gesetze damit eingehalten werden. Wie sieht es da aus?
Grundsätzlich haben wir nach Normen und Gesetzen gebaut. Für die statische Bemessung der Elemente wurde mit einer höheren Sicherheit gerechnet. Die Dämmung wurde bewusst stärker ausgeführt als notwendig, weil Lufteinschlüsse nicht verhindert werden konnten. Alle Materialien wurden so weit instand gesetzt, dass sie bautechnisch funktionieren. Einzig bei den Fenstern haben wir anstelle einer Garantie einen Unterhaltsvertag über fünf Jahre angeboten. Das bedeutet, dass wir die Fenster über diesen Zeitraum periodisch auf Funktionstüchtigkeit und Dichtheit kontrollieren.

Hat sich Ihre Sicht auf die Baubranche geändert?
Ja. Ich nehme deutlicher wahr, wie viel Müll die Baubranche verursacht. Bei uns ist das Entsorgen leider oft günstiger als die Wiederverwendung. In ärmeren Ländern ist das nicht der Fall. Da bekommt alles am Ende der Einsatzdauer eine neue Aufgabe.

 

Hans Emmenegger war der verantwortliche Projektleiter beim Umbau auf dem Lysbüchel-Areal. Bei der HUSNER AG Holzbau in Frick ist er als Spartenleiter der Zimmerei tätig. Nach seiner Ausbildung zum Zimmermann EFZ bildete er sich 2007 zum Techniker HF Holzbau weiter. Im Jahr 2018 schloss er zudem die Holzbau-Meister-Prüfung ab. Würde er ein solches Projekt nochmals wagen? «Ja. Mit den gemachten Erfahrungen und dem neu erworbenen Wissen unbedingt.»

 

Quelle: Wir Holzbauer

Text: Sandra Depner
Fotos: Markus Lamprecht

Bericht "Wir Holzbauer" 3.2020

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